Nein, wir sprechen hier nicht von einem Post über das horizontale Gewerbe oder eine schlüpfrige Tinder-Anfrage.
Heute möchte ich über das Thema Beruf, Jobsuche und Bewerbungsgespräche philosophieren, mich beschweren und aus eigener Erfahrung berichten.
Jetzt bin ich nicht erst seit gestern aus der Schule raus sondern habe mittlerweile schon stolze 10 Jahre Beruferfahrung auf dem Buckel.
Diverse Jobwechsel und etliche Bewerbungsgespräche kann ich vorweisen und die ein oder andere Anekdote berichten.
Irgendwie ist das alles in der Zwischenzeit furchtbar frustrierend geworden aber gehen wir das Leid der Berwerbenden ruhig mal der Reihenfolge nach durch.
Schritt 1 -> Die Recherche
Bevor man sich also in die berauschenden und teilweise sogar skurilen Bewerbungsgespräche stürzen kann, muss erstmal die Grundlage her, nämlich eine inserierte Stelle auf die man sich gerne bewerben möchte.
Wer jetzt denkt "Ist doch easy und weiter....." tja, weit gefehlt. Zwar gibt es in unserem Internet der unbegrenzten Möglichkeiten, diverse Jobportale aber die Auswahl oder sagen wir mal das Resultat ist eher spärlich.
Laut gesuchtem Profil in der Stellenbeschreibung hast du am Besten dein Studium gerade mit einem Einser Durchschnitt beendet. Allerdings hast du schon einige Jahre Berufserfahrung und kannst jede Menge Qualifikationen vorweisen. Natürlich bist du zeilich flexibel und hast auch kein Problem bis spät abends oder am Wochenende zu arbeiten. Überstunden zeigen ja schließlich Einsatz!
Bis dahin soweit kein Problem, könnte jedoch sein, dass du beim Abschicken deiner Unterlagen scheiterst. Denn wie früher mit "Bitte schicken Sie Ihre Unterlagen an folgende E-Mail" ist es heute nicht mehr getan. Man muss sich in einem Portal des Unternehmens registrieren. Die 10000sten Zugangsdaten die man dann irgendwo im Nirvana ablegt, weil man Sie vermutlich nie wieder braucht.
Oder wenn man sie dann doch nochmal braucht findet man sie natürlich nicht.
Dann darf man dort seinen Lebenslauf hochladen nur um dann im nächsten Schritt nochmal alle Stationen des Berufsweg einzeln und im Detail aufzuführen. Wofür genau hab ich meinen Lebenslauf angehängt?
Wenn man dann diese schweißtreibende Arbeit hinter sich gebracht hat, hängt sich das Portal entweder an den hochgeladenen Unterlagen auf oder aber du darfst minutenlang diesen einen rot markierten Fehler in irgendeinem Feld suchen, wegen dem er dich nicht weiter lässt.
Puh, okay aber immerhin ist man seinem Ziel dann irgendwann schon ein Stückchen näher und freut sich im ersten Step über die eingehende Bestätigungsmail, dass die Bewerbung eingegangen ist.
Was uns zum nächsten Schritt führt......
Schritt 2 -> Das Warten
Jetzt freut man sich also wie ein Keks, dass man eine passende Stellenausschreibung gefunden und den Marathon des Bewerbungsprozesses fürs erste hinter sich gebracht hat und dann kommt das große Warten.....
Tage, Woche oder einfach auch mal für immer......
Ich verstehe es einfach nicht. Unzählige Bewerbung schreibt und versendet man und hört nie wieder davon.
Nicht mal ein "Wir finden Sie scheiße und möchten Sie einfach nicht Kennenlernen". Nicht mal das! Die Unternehmen schweigen sich einfach aus und das obwohl man sich so viel Mühe gegeben hat.
Oder aber man bekommt eine Mail mit dem Standarttext, teilweise sogar richtig offensichtlich falsch. Da hatte ich zum Beispiel mal eine Absage mit den Worten "Wir bedanken uns für deine Bewerbung und das angenehme Gespräch, jedoch müssen wir......" ehm okay. Also entweder haben wir telefoniert während ich komatös gar nix mehr mitbekommen habe oder aber es hat sich jemand für mich ausgegeben, denn an ein Gespräch kann ich mich defintiv nicht erinnern.
Sicherlich die meisten Unternehmen bekommen eine so große Zahl an Bewerbungen, dass Sie von Anfang an differenzieren und aussieben müssen schon klar. Da geht es um Rechtschreibung, Layout und als wichtigstes um das Gehalt. Alles verständlich aber dann sagt einem doch bitte, dass man Land gewinnen soll oder vielleicht aber beim Gehalt, könnte man ja auch mal fragen ob es da Spielraum gibt.
Aber gut, was weiß ich schon......
Vielleicht hat man aber auch Glück und es kommt eine nette Mail oder ein Anruf, dass man einen kennenlernen will. Man freut sich, der Körper platzt vor Euphorie.
Klassisch beginnt es oft mit einem simplen Telefongespräch um einen ersten Eindruck zu bekommen um danach zu entscheiden, dass es zu einem persönlichen Gespräch kommen soll. Außer es ist Corona, da ist natürlich alles anders.
In den Meisten Fällen wird man aber gar nicht angerufen, weil man einfach zu hohe Gehaltsvorstellungen hat. Aber was ist hier eigentlich hoch? Da kommen wir auch wieder an die Anforderungen an den Bewerber zurück. Der soll nämlich nicht nur frisch aus dem Studium mit Berufserfahrungen kommen, der darf auch nix verdienen wollen. Wer aber nun mal wie ich in einem Gebiet wohnt, wo eine 2-Zimmerwohnung so viel an Miete kostet wie anderswo ein komplettes Haus, der hat einfach die Arschkarte gezogen. Denn du wohnst teuer und sollst dann aber für günstig Geld 60 Stunden die Woche arbeiten. Macht Sinn......aber gut anderes Thema aber hier kommen wir schon der Überschrift meines Posts ein Stückchen näher.
Dann muss man aber auch erstmal einen gemeinsamen Termin finden. Gar nicht so einfach bei Terminvorschlägen unter der Woche zwischen 9 und 15 Uhr, wenn man aktuell noch Vollzeit woanders beschäftigt ist, keinen Urlaustag opfern möchte oder einfach zu ehrlich ist um sich für ein Bewerbungsgespräch krank zu melden. Teilweise erkennt man hier schon, es findet sich kein gemeinsamer Nenner oder man wird an dieser Stelle einfach aussortiert, weil man ja nicht "Flexibel" genug ist. Vielen Dank auch!! Aber weiter im Text....
Schritt 3 -> Das Interview
Du hattest also Glück und bist einer der auserwählten die in die Gunst kommt das Unternehmen von dir zu überzeugen. Denn auch das ist anders, heute muss immer der Bewerber überzeugen und zeigen was er zu bieten hat. Das Unternehmen selbst kann der letzte Sauhaufen sein, die müssen sich nicht präsentieren sie bekommen die Stelle so oder so besetzte denn......irgendeiner macht es immer. Auch für die Hälfte.
Man hat also telefoniert, 30 Minuten oder mehr Lebenszeit investiert. Oder man ist sogar direkt nach seinem Hauptjob irgendwo gehetzt in die Pampa gefahren. Findet keinen Parkplatz, geschweige denn das gesuchte Gebäude und kommt dann total zerzaust und verschwitzt beim Termin vor Ort an.
Hier fragt man sich schon ganz gespannt was man für ein Publikum haben wird. Wird es eine One-Man-Show oder hat man einen Pulk von Menschen die man der Reihe nach für sich gewinnen muss.
- Wenn man nicht eventuell auf dem Weg zum Termin angerufen wird mit der Info, der Ansprechpartner hätte einen dringenden Termin reinbekommen und man müsse das Gespräch wann anders führen -
In den ersten Minuten bekommt man eigentlich schon das Gefühl ob es ein gutes oder ein schlechtes Gespräch werden wird. Dies ist zu 100% abhängig von den anwesenden Personen.
Im besten Fall kommen alle pünktlich, im schlimmsten Fall demonstrieren Sie Ihre Macht und lassen dich einfach mal eine halbe Stunde allein im Raum warten. Ob du ein Glas Wasser oder einen Kaffee bekommst ist auch so eine 50/50 Chance (und vom Anteil der männlichen Teilnehmer abhängig).
Dann stellen sich erstmal alle vor und dann kommt der spannende Part, führe die Meute durch deinen Lebenslauf. Was man da schon alles zu hören bekommt. Teilweise gibt es fragen zu den detaillierten Abläufen deines ersten Jobs vor über 10 Jahren. Kinder, ich bin froh, dass ich mich an den Namen meines Partners erinnere, fragt mich da bitte doch nicht wie genau da die passive Lohnveredelung in meinem ersten Job abgelaufen ist.....
Auch schön war die Frage ob ich denn überhaupt einen Schulabschluss hätte und das für einen fehlenden Schulabschluss meine Gehaltsvorstellungen aber doch sehr ambitioniert wären. Ich musste dann nett darauf hinweisen, dass meine Daten in ein Lebenslaufformular einer Personalvermittlung übernommen wurden und ich doch nichts dafür könnte, wenn man dort meinen Schulabschluss vergessen hätte.
Man führt aso durch seinen Lebenslauf, erklärt die Stationen und die jeweiligen Wechselmotivationen. Man redet über seinen Werdegang, meistens nicht zum ersten Mal und in der Regel ist es ein monolog, der je nach länge des Lebenslaufs schon ein wenig dauernd kann.
Schön ist, wenn man im Anschluss gefragt wird ob man das alles vielleicht nochmal in englisch machen könnte.
Oder aber man wird gefragt ob man eine Tratschtante wäre, weil man würde ja so schnell und viel reden und Menschen die viel reden tratschen auch automatisch sehr viel......ehm ja okay WTF?
Dann beginnt die lustige Fragerunde....."Was sind Ihre Schwächen" - Ich habe keine (Scherz), "Was sind ihre Stärken" - Das ich keine Schwächen habe (Hust), "Wo sehen Sie sich in 10 Jahren" - Auf Ihrem Stuhl in Ihrer Position"......usw. man kann hier entweder alles falsch oder aber viel richtig machen. Ein Drahtseilakt bei dem man die Balance halten sollte.
Fragen wie "Haben Sie Kinder" und "Sind Sie verheiratet" fand ich da auch sehr spannend.
Natürlich geht es, gegen Ende, dann auch darum nochmal das Thema Gehalt abzustecken. Ich habe in meinen Anschreiben immer eine Gehaltsspanne angegeben, weswegen ich es dann doch sehr interessant finde, wenn Unternehmen trotzdem versuchen einen unter die unterste Grenze zu drücken. Man gibt das ja schließlich nicht aus Spaß an.
Ich frag mich immer was hier erwartet wird? Antworten wie "Ach wissen Sie was für Sie mach ich es auch für die Häfte"!?
Des Öfteren passen natürlich aber die eigenen Vorstellungen mit den Vorschlägen des Unternehmens ganz gut überein.
Und auch hier wurschtelt man sich durch und wer sich gut vorbereitet hat, stellt am Ende natürlich auch noch ein paar schlaue Fragen.
Am Ende hat man irgendein Gefühl was man mit nach Hause nimmt.
Dann heißt es wieder warten und schauen wie es weiter geht, womit wir zum letzten Schritt kommen!
Schritt 4 -> Die Entscheidung
Dein Schicksal liegt nun in den Händen anderer Menschen und du checkst jeden Tag dein Telefon und deine Mails in der Hoffnung ein positives Feedback zu bekommen.
Teilweise musst du bevor du auftatmen kannst aber ja noch ein Zweitespräch überstehen oder in der Advanced Version sogar einen Probetag im Unternehmen absolvieren. Finde ich grundsätzlich gar nicht so schlecht aber lassen wir uns die investierte Zeit doch ma kurz auf der Zunge zergehen:
Bewerbung schreiben (je nach Portal) ca. 15 Minuten, evtl. erstes Telefonat oder Termin 30-50 Minuten (ohne Anfahrt), evtl. 2tes Gespräch mit mehr Details ca. 30-40 Minuten, möglicherweise noch ein Probetag ca. 4-8 Stunden (je nach Wunsch). Und am Ende hat man immernoch keinen Job in der Tasche.....
Wow und dann kommt der Anruf, Sie haben uns überzeugt wir würden Ihnen die Position gerne anbieten. Wegen Ihren Gehaltsvorstellungen sieht es allerdings folgendermaßen aus, wir haben uns das Gehaltsgefüge des Teams angeschaut und wir müssen hier die Waage halten daher können wir Ihnen nur ein Jahresbruttogehalt von Summe xy anbieten. *STILLE*
- Ehm ja, dass ist die Hälfte von dem was ich gefordert habe......
Ja, aber die Entwicklungschancen und eine unbefristete Festanstellung an sich ist ja schon jede Menge wert......... - *Aufgelegt*
Oder aber selbst im Gespräch passt alles, ihr seid euch einig und du bist vollständig überzeugt, freust dich innerlich schon auf deine neue Position. Trotzdem......Du darfst NIEMAL denken es ist alles in trockenen Tüchern bis du den Vertrag gelesen und unterschrieben hast.
Denn dann kommt der Vertrag und du fragst dich ob alle anwesenden in den vorherigen Gesprächen überhaupt zugehört haben.
Dein Fixgehalt ist auf einmal weniger als besprochen und beeinhaltet eine Provision mit Zielen, dein Aufgabengebiet ist variabel beschrieben und dein Einsatzort flexibel in ganz Deutschland usw.
Alles schon erlebt....
Liebe Unternehmen wieso macht Ihr es gutem Personal eigentlich so schwer? Wie viele Menschen können hart arbeiten, sind intelligent und wollen einen sicheren Hafen und sich in und mit dem Unternehmen entwickeln. Könnt ihr diese Menschen nicht auch entsprechend bezahlen?
Gutes Personal ist nun mal teuer, ansonsten stellt man doppelt ein oder muss die wichtige Arbeit trotzdem selbst machen.
Ich erlebe es immer wieder. Lieber 2-3 Personen weniger eingestellt, dafür die wenigen die man einstellt entsprechend bezahlen.
Und noch was......auch Ihr bewerbt euch. Der Bewerber muss sich auch von euch überzeugt fühlen und das Gefühl bekommen ihr möchtet euch bei Ihm bewerben, wir haben hier keine einseitige Geschichte auch, wenn das viele Unternehmen leider so sehen. Wir wissen ihr habt die luxuriöse Position euch die Bewerber aus Massen von Menschen aussuchen zu können aber es ist doch auch wichtig sich die richtigen Leute auszusuchen....
So das war mein Wort zum Sonntag....äh Samstag ich hoffe es hat euch amüsiert :)
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Vielen Dank wie wunderbar, für dein neues Kommentar!